Die Auswirkungen des Klimawandels auf Pferde – Jennifer Bormann erläutert die Gefahr
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Husten, Nasenausfluss und eine verminderte Leistungsbereitschaft. Bei diesen Symptomen ist Vorsicht geboten! Die Gefahr einer chronischen Atemwegserkrankung liegt nahe, und diese sollte nicht als einfache Erkältung abgetan werden. Chronische Atemwegserkrankungen sind in der Regel multifaktorielle Erkrankungen und können somit auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden. Neben genetischer Prädisposition oder vorausgegangenen infektiösen Erkrankungen spielen Faktoren aus dem direkten Umfeld des Pferdes eine bedeutende Rolle. Inhalierte Stäube und Gase, wie z. B. Schimmelpilzsporen, Staubpartikel oder auch Ammoniak, können übermäßige Reaktionen in den Atemwegen auslösen. Auch kommen Erkrankungen mit allergischer Komponente regelmäßig vor.

Die Identifizierung der individuellen Auslöser ist von großer Bedeutung, um gezielte Maßnahmen zur Prävention und Behandlung treffen zu können. Jennifer Bormann betont in diesem Zusammenhang die Auswirkungen der klimatischen Gegebenheiten: „Bei dem Thema der nicht infektiösen Atemwegserkrankungen und Allergien sollte man die Auswirkungen des Klimawandels nicht außer Acht lassen. Durch lange Dürreperioden trocknet der Boden auf den Weiden und Reitplätzen stark aus. Die daraus resultierende Staubbelastung während des Trainings sowie während der Fress- und Ruhepausen stellt für Pferde ein großes Problem dar. Die regelmäßige Bewässerung der Anlage oder die Umstellung auf staubarme Alternativen ist daher ratsam.“ Diese Faktoren müssen wir zwingend in die Ursachenforschung beim jeweiligen Patienten einbeziehen, so Jennifer Bormann. Ein gründlicher Vorbericht bezüglich des Haltungs- und Fütterungsmanagements sowie bestehender oder vorausgegangener Erkrankungen ist essenziell, um Pferde mit chronischen Erkrankungen langfristig erfolgreich zu managen.

Husten, Nasenausfluss und Bauchatmung – Symptome erkennen und diagnostizieren

Chronische Atemwegserkrankungen bei Pferden, wie beispielsweise das Equine Asthma (früher COB, RAO/IAD), weisen gewisse Ähnlichkeiten zum menschlichen Asthma auf. Beides sind multifaktorielle Erkrankungen, die nicht heilbar sind. Aus diesem Grund steht die Allergenvermeidung in Kombination mit medikamentöser Unterstützung in Zeiten der Verschlechterung (Exazerbation) im Vordergrund.

Sobald die Atemwege beeinträchtigt sind, machen sich charakteristische Symptome bemerkbar. Dazu zählt neben Husten auch Nasenausfluss, der durch das Abhusten aus der Lunge über die Nase abgesondert wird. Außerdem verändert sich die Atmung. Den Pferden fällt das Atmen deutlich schwerer, weshalb sie schneller und schwerer atmen. Hier spricht man dann von einer Bauchatmung. Neben den offensichtlichen Symptomen haben Atemwegserkrankungen aber auch massive Auswirkungen auf die Lungenstruktur. Durch immer wiederkehrende Reizungen der Lunge finden Umbauprozesse in der Gewebestruktur statt. Mit der Zeit bilden sich mehr Schleim produzierende Zellen und Drüsen, zudem findet eine vermehrte Einlagerung von Bindegewebe statt, und es entsteht eine verdickte Muskulatur. Langfristig können diese Veränderungen die Funktionalität der Pferdelunge stark einschränken. Sind diese Umbauprozesse bereits vorangeschritten, sind sie nahezu irreversibel. Damit es gar nicht erst dazu kommt, werden fortschrittliche Diagnoseverfahren eingesetzt, die dabei helfen, eine chronische Atemwegserkrankung rechtzeitig sichtbar zu machen.

Ursachen minimieren und Symptome lindern – moderne Therapiemöglichkeiten

In der Hanseklinik für Pferde stehen moderne Therapiemöglichkeiten zur Verfügung, um chronische Atemwegserkrankungen bei Pferden zu behandeln. Die Therapie zielt darauf ab, die Entzündung in den Atemwegen zu reduzieren, den Schleimabfluss zu verbessern und die Atemwege zu erweitern. Dazu können bronchienerweiternde und entzündungshemmende Medikamente zum Einsatz kommen. Dies ist sowohl systemisch (oral) als auch inhalativ möglich. In einigen Fällen kann auch eine antiallergische Behandlung zielführend sein, um die Reaktion des Körpers zu mildern. Basis einer jeden Therapie sind jedoch zwingend ein optimales Stall- und Fütterungsmanagement, die Reduzierung von Staubbelastungen und eine gute Belüftung des Stalles, um die Auslöser zu minimieren und so weiteren Asthmaschüben vorzubeugen. Erfolgt dies nicht, kommt es häufig nach Absetzen der Medikamente einer rein symptomatischen Behandlung zeitnah zu wiederholten Schüben.

Der Anstieg zahlreicher Erkrankungen, vor allem die Atemwege betreffend, lässt sich auf den Klimawandel zurückführen. Zu den Hauptursachen zählen aber weiterhin schlechte Haltungsbedingungen, mangelhafte Raufutterqualität und schlechtes Management (zu wenig frische Luft, zu wenig Bewegung etc.). Einige Ursachen kann man unmittelbar eindämmen oder gar bekämpfen, für andere stellt nur die tierärztliche Behandlung eine Lösung dar. In jedem Fall sollten Pferdebesitzer die Veränderungen des Klimas im Hinterkopf behalten, das Wohlbefinden des Pferdes mehr denn je in den Fokus stellen und bei ersten Anzeichen einen Tierarzt konsultieren, damit das Voranschreiten der Krankheit bestmöglich aufgehalten werden kann.

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Jennifer Bormann ist Tierärztin für Pferde in der Hanseklinik.

Sie befasst sich mit den Ursachen, Diagnoseverfahren und modernen Therapiemöglichkeiten im Zusammenhang mit chronischen Atemwegserkrankungen.

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